Von wegen, hochtalentierter Fötus

Dass man es mit der Wahrheit beim Postillon noch nie so genau genommen hat, war bekannt. Doch scheinbar hat man in der seit 1845 erscheinenden Zeitung zuviel Plazentagulasch gegessen. 

 

Wie sonst ist folgender Artikel zu erklären: 

Dort behauptete der Postillon bereits im Dezember 2013 allen Ernstes, dass der Premierleague-Klub Manchester City den spanischen Erstligisten FC Barcelona um die Verpflichtung eines hochtalentierten Fötus ausgestochen hätte. 

Die Sensationsmeldung war in der Welt, der Postillon hatte seine Klicks. Doch was folgte, ist dem typisch schnelllebigen Journalismus von heute geschuldet, der nur für den Moment des Augenblicks berichtet. 

 

Seitdem ist es ruhig geworden um Arib Akalay Sanchez.

Die Redaktion vom Postillleaks hat den Jungen, der schon vor seiner Geburt ungefragt verschachert wurde wie ein Stück Vieh, begleitet: 

Beherrschte den Unschuldsblick, den Profispieler nach perfekt getimten

Schwalben aufsetzen müssen, von Beginn an. 

Am 21.Januar 2014 erblickt Arib Akalay Sanchez in einem Krankenhaus in Manchester das Licht der Welt und beginnt direkt wie ein übel gefoulter Profikicker zu schreien. Nur wenige Stunden später liegt Arib in seinem Manchester-City-Strampler im Bett und übt mit seiner Mutter Bälle aufpusten. Die Jugendtrainer (0 - 2 Jahre) von Manuel Pellegrini, die zu diesem Zeitpunkt im Krankenhaus weilen, machen sich begeistert Notizen. So hatten sie sich das vorgestellt. Aribs Marktwert stieg noch im Krankenhaus trotz leichter Gelbfärbung der Haut auf 7 Millionen Euro.  

 

Nach dem ersten Monat kamen die Trainer von ManCity erneut bei Emilia Akalay Sanchez vorbei, sie wollten sehen, wie der Kleine sich entwickelt. Er strampelte vor Freude wild mit den Füßen, als sie das Klub-Mobile mit der Vereinshymne über sein Bett hingen. Marktwert: 9 Millionen Euro. 

 

Als Arib sechs Monate alt war, folgte den Trainern das erste Mal der Koch des Premier-League Klubs. 

Isst nicht nur gut, sondern guckt auch für Interviews schon keck in die Kamera: Arib Akalay-Sanchez.
Isst nicht nur gut, sondern guckt auch für Interviews schon keck in die Kamera: Arib Akalay-Sanchez.

Auch hier war man mit dem Ergebnis hochzufrieden. Arib aß brav seinen Teller leer, er bekam dasselbe Essen wie die Spieler der ersten Mannschaft, nur püriert. Ein erster Laktattest beim Hochziehen an den Laufstall-Gitterstäben verlief tadellos, vom Geschrei mal abgesehen. Ein bunter Plüschball wurde leicht angestoßen. 

Marktwert: 12,5 Millionen Euro. 

 

Pünktlich zu seinem ersten Geburtstagkonnte Arib laufen. Die Bilder wurden in der Klubzeitschrift auf der Titelseite veröffentlicht. Aribs Vertrag wurde automatisch um sechs Monate verlängert. Sein Marktwert mittlerweile: 15 Millionen Euro! 

 

Im Sommer 2015 besucht Arib sein erstes Manchester City Spiel (2:0 gegen Arsenal London), wedelt begeistert mit dem Klubfähnchen und sagt hinterher sein allererstes Wort überhaupt, welches wenig überraschend "Ball" lautete. Vertragsverlängerung um weitere drei Monate, Marktwert 17,8 Millionen Euro. 

 

Alle Zeichen standen auf Weltfussballer des Jahres 2030. 

 

Danach der unerwartete Einbruch. Ab Oktober 2015 verlor Arib völlig das Interesse an seiner Karriere. Sein Ball lag unbespielt in der Ecke hinter dem Kamin und verstaubte zusehends. Den Laktattest verweigerte er ebenso standhaft wie das Schneiden seiner Fingernägel. Neunzig Minuten Mittagsschlaf - früher kein Problem - gehörten der Vergangenheit an, stattdessen ließ er sich bereits nach 25 Minuten ins elterliche Bett auswechseln. Sein Verhalten wurde rüpelhaft. Essen wurde an die Wand geschmissen. Nach der Kita wurde er auf dem Heimweg mit dem Bobby Car geblitzt und wollte vor der Polizei fliehen. Sein Marktwert sank nicht, er fiel ins Bodenlose. 

Der Trainerstab gab Emilia eine Frist von drei Monaten, Aribs Verhalten in den Griff zu bekommen, sonst müsse er in die österreichische Liga verkauft werden. Sein Marktwert betrug zu diesem Zeitpunkt nur noch 500.000 Euro und setzte sich vor allem aus den Manchester-City-Geschenken zusammen, die der Kleine zu seiner Geburt bekam. 

Ist nun unangefochtener Weltmeister im Verstecken und vermisst den

Fussball kein Stück: Arib Akalay-Sanchez

Im Dezember 2015 beendet Arib Akalay-Sanchez mit nicht einmal zwei Jahren seine Karriere. Am 27. Dezember passiert es, der geschmückte Weihnachtsbaum knickt im Christbaumständer um und fällt auf den daneben stehenden Arib. 37 verharzte Nadeln und eine gesplitterte Christbaumkugel mussten die Ärzte aus seinem starken linken Fuß entfernen. Manchester City löste den Vertrag einseitig auf. 


Seitdem hat Arib zwar keinen Marktwert mehr, ist aber vollständig genesen. Und ein glückliches Kind. 

 

Man kann nur mutmaßen, was den Postillon dazu treibt, derartige Sensationsstorys in die Weltgeschichte hinauszuposaunen, ohne auch mal den genauen Hintergrund zu durchleuchten. 

 

Welche Schlagzeile wird dort als nächstes produziert? 

Mario Götze und Justin Bieber bei der Geburt getrennt? 

 

Eine Beschwerde beim Presserat wurde eingereicht. 

SG

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